Vorhersagbarkeit
Naturwissenschaft
Basiswissen
In den Naturwissenschaften gilt eine Theorie dann als brauchbar, wenn man mit ihr Versuchsergebnisse[1] oder Naturbeobachtungen[5] vorhersagen kann. Das ideale Ziel ist dann erreicht, wenn man eine (mathematische) Funktion gefunden hat, die jedem Zustand eindeutig einen Zustand zu einem späteren Zeitpunkt zuordnen kann. Das ist hier mit einigen praktischen Beispielen kurz vorgestellt.
Einige Beispiele für vorhersagbare Abläufe
- Ein einfallender Lichtstrahl trifft auf eine glatte Wasseroberfläche. Man kann dann genau vorhersagen, in welche Richtung er sich im Wasser fortsetzt Snelliussches Gesetz ↗
- Wenn man die Länge von einem Pendel kennt, kann man damit vorhersagen, wie viele Sekunden lang eine Schwingung dauert Pendelversuch ↗
- Wenn man von einem rechtwinkligen Dreieck die Länge zweier Seiten kennt, kann ma daraus genau vorhersagen, wie viele Zentimeter lang die dritte Seite ist Satz des Pythagoras ↗
- Für einen Wasserkocher kann man recht genau die Heizdauer bis zum Kochen vorhersagen Teewasserkochversuch ↗
- Für 200 Würfel kann man einigermaßen gut die Anzahl der geworfenen 6er eingrenzen Zweihundert-Würfel-Versuch ↗
Die Vorhersagbarkeit als oberstes Ziel der Physik
Physiker[1], aber auch nicht-Physiker[2] halten die Fähgkeit, zutreffende Vorhersagen machen zu können für den letztendlichen Test jeder Theorie oder Formel. Newtons Theorie der Gravitation galt solange als korrekt, bis man Planetenbewegungen Entdeckte, die man damit nicht vorhersagen konnte[6]. Indem man in der Physik die Vorhersagbarkeit als oberstes Wahrheitskriterium benutzt,
Die Entdeckung des Planeten Neptun
Im Jahr 1781 wurde der Planet Uranus entdeckt. Man beobachte seine Bewegung über den Himmel. Diese Beobachtungen machte man über Monate und Jahre. Die Beobachtungen passten aber nicht zu den Keplerschen Gesetzen. Man vermutete einen störenden Planten jenseits der Uranusbahn. Man berechnete seine möglichen Positionen voraus. Aber erst im Jahr 1846 konnte die Vorhersage mit Hilfe von Teleskopen bestätigt werden[5]. Siehe auch Neptunentdeckung ↗
Fußnoten
- [1] Die Vorhersage von Ergebnissen bei Experimenten als Ziel von Wissenschaft allgemein: "Die Prüfung jeden Wissens ist das Experiment. Das Experiment ist der einzige Richter wissenschaftlicher 'Wahrheit'." Im englischen Original: "The test of all knowledge is experiment. Experiment is the sole judge of scientific 'truth'." In: Feynman, R.P.; R.B. Leighton and M. Sands, 1963. The Feynman Lectures on Physics, Reading, MA: Addison-Wesley Publishing Company. Page 1-1.
- [2] Vorhersagbarkeit in der Politik: "... the test of a political theory is its power to foretell the future." In: George Orwell: As I Please 7 (Tribune, 14 January 1944). In: George Orwell. Essays. Everyman Library. 242. Herausgegeben von Alfred A. Knopf. 2002. ISBN: 978-1-85715-242-5. Seite 522. Siehe auch George Orwell ↗
- [3] Die Vorhersagbarkeit in der Physik gilt aber nur noch statistisch: "Grundsätzlich sagt die Quantenmechanik nicht ein bestimmtes Ergebnis für eine Beobachtung voraus, sondern eine Reihe verschiedener möglicher Resultate, und sie gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit jedes von ihnen eintreffen wird [3]." In: Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit. Die Suche nach der Urkraft des Universums. Englischer Originaltitel: A Brief History of Time. From the Big Bang to Black Holes. Deutsch im Rohwolt Taschenbuch Verlag. 1988. ISBN: 3-499-188-50-3. Seite 78.
- [4] Dass eine Vorhersagbarkeit für Einzelereignisse in der Physik nicht gibt, stellte der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman (1918 bis 1988) klar: "Von Philosophen wurde die Behauptung aufgestellt, daß, wenn die gleichen Umstände nicht immer zu den gleichen Resultaten führen, Vorhersagen unmöglich sind, was das Ende der Naturwissenschaften bedeuten müßte." Er erklärt ausführlich die sogenannte partielle Reflexion. Richtet man zum Beispiel ein Photon in immer derselben Richtung auf dieselbe Glasscheibe müsste bei Gültigkeit einer strengen Kausalität das Photon auch immer am selben Zielort A oder B ankommen. Das ist aber nicht der Fall. Feynman weiter: "Wir können nicht vorhersagen, ob ein bestimmtes Photon in A oder B anlangen wird. Wir können einzig voraussagen, daß von 100 Photonen, die auf dem Glas landen, durchschnittlich 4 an der Oberfläche reflektiert werden. Heißt das nun, daß die Physik, eine Wissenschaft mit großer Genauigkeit, sich damit zufriedengeben muß, die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses zu berechnen, und außerstande ist, genau vorherzusagen, was passieren wird? Ja, das heißt es." In: Richard Feynman: QED: Die seltsame Theorie des Lichts und der Materie. Piper Verlag. 1. Auflage 1992. ISBN: 3-492-21562-9. Dort die Seite 30. Siehe auch Kausalitätsprinzip ↗
- [5] Ein klassisches Beispiel für die Idee der Vorhersagbarkeit an Naturbeobachtungen ist die Entdeckung des Planeten Nepun. Unregelmäßigkeiten in der Bahn des Planeten Uranus führten über schwierige mathematische Berechnungen zu einer genauen Vorhersage, wo am Himmel man mit einem starken Fernrohr einen schwachen Punkt finden müsste. Die Vorhersage wurde im Jahr 1846 bestätigt. Siehe auch Neptunentdeckung ↗
- [6] Schlecht vorhersagbar war die Bahn des sonnennahen Planeten Merkur, die sich nicht gut vorausberechnen ließ. Tatsächlich verantwortlich dafür ist die Nähe der Sonne, die dort den Raum und die Zeit so stark verzerrt, dass die newtonschen Formeln versagen. Den Effekt konnte erst Albert Einstein im Jahr 1916 mit seiner Allgemeinen Relativitätstheorie erklären. Siehe dazu auch Merkurbahn ↗