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Zinsverbot im Hochmittelalter


Geschichte


Wann entstand das Zinsverbot?


Seinen Ausgangspunkt nahm das schon altkirchliche Zinsverbot im Mittelalter mit dem Zweiten Laterankonzil von 1139, dem Decretum Gratiani, einem ausdrücklichen Zinsnahmeverbot durch Papst Innozenz III. von 1215 und dem Konzil von Vienne von 1311. Danach war es verboten, Zinsen auf verliehenes Geld zu verlangen. Auch Thomas von Aquin sprach sich philosophisch gegen den Zins aus.

Was waren die Gründe?


Es wurde damals zwischen unzulässiger usura (Wucher) und zulässigem "interesse" unterschieden. Von Wucher spricht man, wenn etwas zu einem ungerecht hohen Preis verkauft wird. Meist müssen das Leute in einer Notlage hinnehmen.

Wie sähe ein Beispiel aus?


Angenommen eine rechtschaffene und ehrliche Familie verliert ohne eigene Schuld durch eine Hausbrand alles Hab und Gut. Um überhaupt weiterleben zu können, muss Geld her. Jetzt könnte jemand die Notlage ausnutzen, und das dringend nötige Geld zu ungerecht hohen Zinsen verleihen. So etwas wollte man damals verbieten.

Gab es Ausnahmen?


Ja, viele: Privilegierte Gruppen wie Juden und Lombarden durften verzinste Kredite vergeben. Zulässig war auch die verzinste Einbringung von Kapital in ein Geschäft (societas) und der im Mittelalter weit verbreitete Rentenkauf (census). Auch war bei einem Darlehen eine Zinsvereinbarung zulässig, wenn dem Geldgeber ein Vorteil entging (lucrum cessans), er einen Schaden erlitt (damnum emergens) oder die Gefahr des Kapitalverlusts (periculum sortis) bestand. Ein Fall des damnum emergens ist z. B. die Vereinbarung einer Strafgebühr für die verspätete Rückzahlung eines zinslosen, befristeten Darlehens.

Gibt es heute noch Zins- und Wucherverbote?


Ja, im Deutschen Gesetz gibt es noch ein Wucherverbot. Und in einigen islamischen Ländern gibt es das Zinsverbot noch heute. Man spricht dort von Islamic Banking. Siehe auch Islam ↗