Rhetos
A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z 9 Ω


Kunde (Fachgebiet)


Hochschulen


Definition


Eine Kunde ist eine Wissenschaft mit starkem Anwendungsbezug: Meereskunde, Bergbaukunde, Heimatkunde: die Endung Kunde bezeichnet ein Fach- oder Wissensgebiet[1]. Das Wort ist verwandt mit dem Verb kennen. Als Studienrichtung oder Bezeichnung von Instituten bezeichnet die Kunde oft einen Bereich zwischen rein grundlagenorienter Wissenschaft und wissenschaftsfreier Berufsanwendung. Das ist hier kurz vorgestellt.

Die Bergbaukunde als Beispiel


An der RWHT Aachen, einer technisch orientierten Hochschule inmitten ehemaliger Bergbaureviere (Braunkohle, Steinkohle, Blei, Zink) wurden im Jahr 2015 zwei ehemalige bergbaukundliche Institute zum Institute of Mineral Ressources Engineering zusammengelegt[2]. Noch in den 1990 bis frühen 2000er Jahren war die Arbeit der Institute eng verwachsen mit der Praxis des Stein- und Braunkohlenbergbaus in Deutschland. Lehrangebote umfassten viele Exkursionen in Bergwerke, die konkrete Planung von Bergbaubetrieben, die Optimierung konkreter Maschinen und Abläufe vor Ort und die praktische Handhabung von Bergschäden. In der Lehre vermittelt wurden auch bergbaurechtliche, betriebswirtschaftliche und verwaltungsbezogenes Wissen. Gemeinsam mit der rein theoretischen Grundlagenforschung war dem Lehrbetrieb, dass man wissenschaftliche Methoden und Darstellungsweisen anwandte und sich akademisch gab (Doktorfeiern, Kolloquien, Seminare etc.). Aber das Ziel war ein anderes. Während bei einer reinen Grundlagenforschung die das Ziel meist eine gute Theorie oder die Verbesserung des Wissenschaftsprozesses selbst ist, ist das Ziel einer Kunde die praktische Anwendung der Wissenschaft auf konkrete Aufgaben. Wenn man in der Bergbaukunde den Arbeitsablauf beim untertätigen Vortrieb von Strecken untersuchte, dann war das vorrangige Ziel ein besseres Verfahren, nicht aber zwangsläufig eine bessere Theorie im Sinn physikalischer, mathematischer oder chemischer Grundlagen. Siehe auch Bergbaukunde ↗

Das Schwinden von Kunden als Pseudoakademisierung?


Im Jahr 2000 gab es an der RWTH drei Institute für Bergbaukunde. Heute nennt sich kein Insitut mehr so. Noch erhalten war im Jahr 2024 etwa das Institut für Eisenhüttenkunde, für Gesteinshüttenkunde sowie ein Institut für Markscheidewesen, Bergschadenkunde und Geophysik im Bergbau. In Hamburg gibt es ein Institut für Meereskunde. Wo sich ehemalige Institute einer Kunde umbenennen, oft mit neuem englischen Titel, streifen sie damit vielleicht etwas Altertümelndes ab. Die neuen Namen deuten oft mehr Wissenschaft und Internationalität an. Was damit verloren geht ist die deutliche Trennung zwischen grundlagenorientierter Wissenschaft und mehr anwendungsbezogener akademischer Forschung. Wo mit einer Umbennung weg von Kunde hin etwa zu Sciences ein wissenschaftlicher Anspruch angedeutet wird, der aber gar nicht eingehalten werden soll oder wird, dort greift der Vorwurf einer Pseudoakademisierung[3] ↗

===== Beispiele für Kunden als Wissensgebiete
Bergbaukunde ↗
Erdkunde ↗
Gletscherkunde ↗
Lagerstättenkunde ↗
Markscheidekunde ↗
Wetterkunde ↗

Fußnoten