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Kelvinsche Schiffswelle


Physik


Basiswissen


Fahrende Schiffe oder Boote sowie zum Beispiel auch vorwärts schwimmende Enten ziehen oft ein typisch V-förmiges Wellenmuster hinter sich her. Dieses Wellenmuster wurde zuerst im Jahr 1887 von William Thomson (Lord Kelvin) erklärt. Die Wellen gehen vom Bug aus und breiten sich dann mit einem Winkel von etwa 38° aus. Das ist hier kurz vorgestellt.

Das Aussehen von Kelvinschen Wellen bei Schiffen


Die Wellen, deren Überlagerung zur V-förmigen Ausgestaltung des Kielwassers führt, heißen Kelvinwellen. Bei Schiffen, die mit geringer Geschwindigkeit fahren, gehen vom Bug aus zwei gerade Linien aus. Diese zwei Linien bilden im Bug den Scheitel eines Winkels von etwa 39°, jede Seite für sich bildet mit der Mittellinie des Schiffs theoretisch einen Winkel von 19,47°. Dort wo die Linien verlaufen, sind die vom Schiff weggehenden Wellen am stärksten. Es gibt auch Wellen innerhalb des V-Musters, doch sind sie dort schwächer ausgeprägt. Sie bilden Kreisbögen, mit einem gedachten Kreismittelpunkt weiter hinter dem Schiff. Das ganze Muster bezeichnet man auch als Wellenschleppe[4]. Schnelle, stark motoririsierte Boote ziehen eine schmalere Schleppe hinter sich[4].

Kelvinsche Schiffswellen als Folge des Huygensschens Prinzips


Die Entstehung ist recht schwer zu verstehen. Eine Erklärung, die erstmals im Jahr 1887 von Lord Kelvin veröffentlicht wurde, beginnt gedanklich bei dem sogenannten Huygensschen Prinzip. Es entstehen mehrere Wellen, die sich gedanklich überlagern. Siehe auch Huygenssches Prinzip ↗

Kelvinsche Wellen über Phasen- und Gruppengeschwindigkeit


Dietrich Zawische leitet die Entstehung des V-Musters aus dem Unterschied zwischen der sogenannten Phasen- und der Gruppengeschwindigkeit von Wellen her: "Die Phasengeschwindigkeit ist, grob gesprochen, die Geschwindigkeit der einzelnen Wellenkämme. Ein Wellenzug endlicher Länge bewegt sich aber mit der Gruppengeschwindigkeit vorwärts, und die ist in diesem Fall nur halb so groß. Wenn wir in einem Wellenzug einen bestimmten Wellenkamm verfolgen, sehen wir, dass er sich schneller bewegt als das ganze Bündel. Wenn er sich der Vorderfront nähert, wird er schwächer und verschwindet schließlich. Aber hinten entsteht ein neuer Kamm, wird stärker, und dann wieder schwächer, wenn er sich der Vorderfront nähert . Die Gruppengeschwindigkeit ist halb so groß wie die Phasengeschwindigkeit, das ist alles, was man braucht, um das Wellenmuster in groben Zügen zu verstehen[4]."

Zur Namensgebung


Im Englischen werden die hier beschriebenen V-förmigen Schiffswellen als "Kelvin wake pattern" bezeichnet. Eine deutsche Entsprechung konnte weder auf Wikipedia noch sonstwo im Internet gefunden werden. Der englischsprachige Wikipedia-Artikel zu Wake (physics) zeigt als Bild und erklärt als Phänomen sowohl das V-Muster der Schiffswellen wie auch die ganz anders geformte Hecksee eines Schiffes. Das englische Wort Wake ist also ein Übergriff für zwei verschiedene Phänomene. Der damit verbundene deutschsprachige Artikel erklärt aber ausschließlich die Hecksee oder das Kielwasser eines Schiffes. Als Pendant zum englischsprachigen "Kelvin wake pattern" für das V-Muster wurde hier der Name Kelvinsche Schiffswelle gewählt.

Fußnoten