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Unschärferelation


Unmöglichkeit zweier Größen bei einer Messung beliebig genau Zustände anzunehmen


Basiswissen


Zeiträume und Energiemengen kann man beide messen. Jede Messung für sich kann man in der Regel mehr oder minder beliebig genau machen. Bei Quantenobjekten jedoch kann man von zwei bestimmen Größen immer nur eine beliebig genau messen: die andere Größe wird dann immer ungenauer oder unschärfer. Der Effekt hängt nicht von der Messtechnik ab.

Steht die Unschärferelation bloß für einen Störeffekt beim messen?


Diese Sicht ist weit verbreitet. Der britische Physiker Stephen Hawking formulierte sie mit folgenden Worten: "Um die künftige Position und Geschwindigkeit eines Teilchens vorherzusagen, muss man seine gegenwärtige Position und Geschwindigkeit sehr genau messen können. Ein Verfahren bietet sich an: Man bestrahlt das Teilchen mit Licht; einige Lichtwellen werden von dem Teilchen gestreut, und daran kann man seine Position erkennen. Doch wird man auf diese Weise die Position des Teilchens nicht genauer als den Abstand zwischen den Kämmen der Lichtwellen bestimmen können. Deshalb muß man Licht mit möglichst kurzer Wellenlänge benutzen, um zu exakten Messergebnissen zu kommen. Nun ist es nach der Planckschen Quantenhypothese nicht möglich, eine beliebig kleine Lichtmenge zu benutzen; man muss mindestens mit einem Quantum arbeiten. Dieses Quantum wird auf das Teilchen einwirken und seine Geschwindigkeit in nicht vorhersagbarer Weise verändern. Ferner gilt: Je genauer man die Position misst, desto kürzer muss die Wellenlänge des Lichts sein, das man verwendet, und um so höher wird entsprechend auch die Energie eines einzelnen Quantums. Damit verstärkt sich aber zugleich der Störeffekt, der die Geschwindigkeit des Teilchens beeinflusst. Mit anderen Worten: Je genauer man die Position des Teilchens zu messen versucht, desto ungenauer läßt sich seine Geschwindigkeit messen, und umgekehrt.[3, Seite 76 ff]"

Die Unschärferelation steht für eine reale Unschärfe


Der Physiker und Philosoph Carl Friedrich von Weizsäcker (1912 bis 2007) lehnte die Sicht ab, dass die Unschärferelation bloß für ein Messproblem steht. Er stellt fest: "Man hat gelegentlich die Unbestimmtheit von Zustandsgrößen in Zusammenhang gebracht mit der Störung des Objektes durch den Beobachtungsakt. Diese Ausdrucksweise ist mißverständlich. Denn sie erweckt den Eindruck, als habe das Objekt, ehe es beobachtet wird, gewisse Eigenschaften, die nur durch den Beobachtungsakt zerstört würden.[1, Seite 1037]". Solche Formulierungen werden heute bevorzugt: man geht davon, dass das zu messende Objekt vor der Messung keine Eigenschaften hatte. Wie man sich dann ein physikalisches Objekt anschaulich überhaupt noch vorstellen soll ist indes eine bis heute ungelöste Frage. Siehe dazu auch den Artikel zum Quantenobjekt ↗

Die Unschärferelation zerstört den Laplaceschen Traum der Vorhersagbarkeit


Bis zur langsamen Enthüllung der Quanteneigenschaften der Welt von etwa 1905 bis 1930 gingen viele Physiker von der Idee aus, dass das Universum in seinem Ablauf grundsätzlich vorausberechenbar sei. Die klassische Metapher dafür ist der Laplacesches Dämon. Diese Sicht gilt heute als überholt. Stephen Hawking schreibt dazu: "Selbst heute, fünfzig Jahre nach ihrer Formulierung, haben viele Philosophen diese Konsequenzen noch nicht in ihrer vollen Bedeutung erfasst […] Die Unschärferelation bereitet dem Laplaceschen Traum von einem absolut deterministischen Modell des Universums ein jähres Ende: Man kann zukünftige Ereignisse nicht exakt voraussagen, wenn man noch nicht einmal in der Lage ist, den gegenwärtigen Zustand des Universums genau zu messen![1, Seite 77]". Siehe dazu auch Laplacescher Dämon ↗

===== Spekulation: Unschärfe ist Teil einer Wirklichkeitserschaffung
Der spätere Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger (geboren 1945) bringt die Idee ins Spiel, dass die Beobachtung Teil eine Erschaffung von Wirklich sein könnte. Er sagte wörtlich: „Wenn ich jetzt den Ort messe […], dann finde ich es hier [zeigt mit dem Finger auf eine Stelle am Tisch]. Das heißt aber nicht, dass das Teilchen vor hier [er zeigt wieder auf dieselbe Stelle] war. Und das ist etwas ganz Erstaunliches, was philosophisch noch nicht erarbeitet ist. Die Beobachtung […] ändert nicht nur die Welt, sie ist konstitutiv, sie konstitutiert die Wirklichkeit. Und der nächste wichtige Punkt ist der, dass ich ja entscheide, welche Messung ich mache.“ Siehe auch Zeilingers Kant-Forderung ↗

Fußnoten