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Pseudowissenschaft


7 Merkmale zur Erkennung


Definition


Pseudowissenschaft steht für Behauptungen, Lehren, Theorien, Praktiken und Institutionen, die ausdrücklich oder indirekt beanspruchen, wissenschaftlich zu sein, aber die Ansprüche an Wissenschaftlichkeit, insbesondere das Kriterium der Nachprüfbarkeit, nicht erfüllen. Eine Pseudowissenschaft erkennt man nicht an ihren Behauptung sondern vor allem daran, dass die Überprüfung schwer gemacht wird. Hier stehen einige wesentliche Merkmale einer Pseudowissenschaft.

Pseudowissenschaft I: Aufdringliches Prof. & Dr.


Vertreter einer Pseudowissenschaft verweisen oft auf akademische Titel wie Dr. oder Prof. sowie die Verbindung zu Universitäten. Alleine die ständige Nennung solcher Titel und Begriffe scheint bei Zuhörern den Eindruck von Seriosität zu erwecken. In den seriösen Wissenschaften gelten Titel aber niemals als Beleg für die Glaubwürdigkeit einer Aussage. Ob eine Aussage wahr oder falsch ist hängt nicht von Personen ab (Subjektivität), vielmehr gilt das Gebot der Objektivität ↗

Pseudowissenschaft II: Konferenzen und Akademien als Mimikry


Konferenzen, Journale, Veröffentlichungen, Akademien: bestimmte Darstellungsformen verbindet man eng mit dem anerkannten Wissenschaftsbetrieb. Vertreter von Pseudowissenschaften imitieren diese Formate oft. In der Biologie spräche man hier von Mimikry ↗

Pseudowissenschaft III: unscharfe und unübliche Worte


Subquantenebene, Masterfelder, Ur-Information oder Zeitfluss: in den Pseudowissenschaften werden oft bedeutungsverheißende Worte so verwendet, als seien sie anerkannte Begriffe, etwa in der Physik. Diese Worte werden dann nicht näher definiert. Seriös wäre aber eine scharfe Definition ↗

Pseudowissenschaft IV: Falsches Zitieren


500 renommierte Wissenschaftler zweifeln an, dass die gegenwärtige Erderwärmung maßgeblich menschgemacht sei und glauben, dass sie nicht schlimmer sei als frühere Erderwärmungen. Eine solche Liste mit Namen von Wissenschaftlern veröffentlichte der Agrarwissenschaftler Dennis T. Avery (1936 bis 2020) vom Hudson Institute, der gleichzeitig auch Autor eines Buches ist, dass als Alternative einen 1500-jährigen Sonnenzyklus als Erklärung anbietet[6]. Viele der zitierten Wissenschaftler, lehnten es entschieden ab, so zitiert zu werden: „Sie haben unsere Forschung genommen und verdreht, damit sie zu ihren eigenen Zielen passt. Das ist keine Wissenschaft!“ Paul F. Schuster, Hydrologe, US Geological Survey (Zentrale Forschungsagentur des US-Innenministeriums)[7].

Pseudowissenschaft V: der Mainstream als Strohpuppe


Vielen Pseudowissenschaftlichen Äußerungen gemein ist das Bild einer Mainstream-Wissenschaft, die alternative Ansichten nicht zulasse. Erkenntnisse, die nicht passen, werden unterdrückt oder ignoriert. Tatsächlich trifft dieser Vorwurf insofern zu, als die anerkannten Wissenschaften oft Fragen nicht weiter verfolgen, für dies es zur Zeit noch keine wissenschaftlichen Möglichkeiten einer näheren Untersuchung gibt (z. B. Leben nach dem Tod). Richtig ist sicherlich auch, dass einzelne Wissenschaftler oder Institute persönliche Vorteile (Gehalt, Position, Einfluss) oft höher bewerten als den wissenschaftlichen Fortschritt. Unrichtig ist aber, dass "die Wissenschaft" dabei als Gemeinschaft verschworener Personen vorgeht. Vielmehr ist der Wissenschaftsbetrieb in hohem Maße konkurrenzgetrieben, pluralistisch und selbstreinigend.

Pseudowissenschaft VI: die Abriegelung von Kritik


Eines der herausragenden Merkmale seriöser Wissenschaft ist, dass alle Aussagen öffentlich sind und vor allem durch Fachkollegen kritisch geprüft werden (peer review). Eine Organisation, die sich Anti-Zensur-Koalition nennt bietet unter anderem Klimaleugnern eine Plattform für Vorträge[2]. Verdächtig ist hier, dass man die Vorträge nur besuchen kann, wenn man von einem der Organisation bekannten Person eingeladen wurde. Auf der Internetseite (www.anti-zensur.info, 23. November 2022) heißt es wörtlich: "Aus Sicherheitsgründen publizieren wir die Konferenzdaten nicht im Internet, sondern geben sie nur an unsere persönlichen Kontakte weiter. Wenn du uns deine Kontaktdaten preisgibst, können wir dich kennenlernen und dich über die nächste Konferenz informieren." Der gruppenbildende Aspekt und eine Trennung der Welt in "ihr" und "wir" wird hier noch verstärkt durch den Titel der Interneite. Der im Head-Teil der HTML-Seite angegebene Seitentitel ist "Schulterschluss". Den Zutritt zur Gruppe über Empfehlung von Gruppenmitgliedern zu regeln ist ein typisches Indiz für Gruppen, die eine starke innere Gleichartigkeit oder Angepasstheit anstreben. Siehe dazu auch Gruppendenk ↗

Pseudowissenschaft VII: das Asterix-Syndrom


Gegenüber der als mächtigen Feind erkannten Mainstream-Wissenschaft wird die eigene Person oder die eigene Gruppe als wahrhaftige Widerstandszelle stilisiert. So wie in den Comic-Heften von Asterix ganz Gallien von dem Römern besetzt und nur ein kleines Dorf noch Widerstand leistete, so sieht sich die pseudowissenschaftliche Zelle als Bewahrer eines wahren Geistes. Eine passende Bezeichnung wäre entsprechend Asterix-Syndrom ↗

Indizien zum Erkennen von Pseudowissenschaft im Überblick



Beispiele für Pseudowissenschaft


Unter dem Stichwort Quantenphilosophie spekulieren manche Autoren über enge Beziehungen zwischen der Physik und geistigen Phänomen. Sie skizzieren dabei oft das Bild einer freundlichen, spiritualisierten Welt. Das ist genauso wenig belegbar wie viele Argumente von sogenannten Klimaskeptikern, die bis in die 2020er Jahre hinein den aktuellen Klimawandel entweder leugneten oder in den Wirkungen verharmlosten. Ein weiteres Beispiel ist die Vorstellung eines Intelligent Designs, der Idee, dass die Welt in ihrem jetzigen Zustand von einer Schöpferkraft genau so gewollt wurde, wie sie jetzt ist.


Abgrenzung zur Parapsychologie


Telekinse, Gedankenlesen oder der Ganzfeldversuch: die Parapsychologie beschäftigt sich mit Phänomenen, die möglicherweise auf Sinneswahrnehmungen oder Sinneswirkungen beruhen, die nach bisherigen physikalischen Weltbildern unmöglich sein sollten. Die Parapsychlogie ist insofern seriös, als sie die Phänomene zu klären sucht, ohne dabei eine Physik jenseits der anerkannten Theorie vorauszusetzen. Lies mehr dazu im Artikel Parapsychologie ↗

Abgrenzung zur Prototheorie


Eine Pseudowissenschaft ist zu unterscheiden von eine Prototheorie. Als Prototheorie bezeichnet man Ansammlungen von Fakten, Messdaten und vermuteten Gestezmäßigkeiten, die zwar noch nicht das Niveau einer Theorie erreicht haben, aber als Grundlage dafür dienen könenn. Wesentlich ist, dass hier nicht der Eindruck sicherer Erkenntnis erhoben wird. Siehe auch Prototheorie ↗

Fußnoten