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Jethros Window


Fermi-Paradoxon


Basiswissen


Kurzer Zeitraum menschenähnlicher Technologie: es ist denkbar, dass in der Evolution von Leben im Kosmos Zustände mit menschenähnlicher (Elektro)Technologie und Intelligenz nur sehr kurz (100 Jahre?) dauern. Nur in dieser kurzen Zeitspanne würde eine außerirdische Intelligenz für uns verständlich senden oder uns empfangen.

Warum wir keine Aliens sehen


Der US-amerikanische Science-Fiction Autor Zoltan Istvan beschrieb in seinem Roman "The Transhumanist Wager" aus dem Jahr 2013 transhumanistische Phantasien seines Protagonisten Jethro Knight. 2016 veröffentlichte Istvan einen kurzen Artikel unter dem Titel "The Language of Aliens Will Always be Indecipherable". Darin argumentiert er, dass eine technologische Zivilisation wie die unsrige schnell eine Technologische Singularität erreicht (all smart aliens will end up in the Singularity). Als Technologische Singularität bezeichnet man den Moment der Entstehung weit übermenschlicher Intelligenzen (KI, Cyborgs, Schwarmintelligenzen etc.). Diese Intelligenzen setzen dann die technologische Entwicklung weiter fort, ohne dass Menschen in der heutigen Form dabei nennenswert Einfluss nehmen können. Diese Intelligenzen kommunizieren dann in einer für uns heute völlig unverständlichen Form. Nach Istvan ist also intelligentes Leben im All durchaus weit verbreitet, aber weit jenseits von unserem (intellektuellen) Horizont aktiv.

Kann sich Jethros Window auf der Erde schließen?


Nach der These Istvans ist es denkbar, dass die Menschheit denselben Weg gehen wird wie jede andere Intelligenz im Kosmos: sie wird in ein Entwicklungsstadium eintreten, in der sie keine oder zumindest keine erfolgreichen Versuche zu einer Kommunikation mit fremden Intelligenz im Weltraum mehr unternehmen wird. Wie könnte es dazu kommen? Die Idee Istvans wird hier als Anlass zur Skizzierung verschieder Szenarien für die menschliche Zukunft genommen.

Szenario I: Verdrängung durch KI


Dies ist Istvans eigenes Szenario: künstliche Intelligenz, kurz KI, wird den Menschen zunehmend aus allen wichtigen Lebensbereichen verdrängen. Im Extremfall kommt es zu einem Aussterben der Menschen. Die Künstliche Intelligenz wird aber die Evolution auf unserem Planeten fortsetzen, sehr wahrscheinlich als hybride bio-technologische Form oder als rein post-biologische Intelligenz[1]. Doch würde eine solche KI wahrscheinlich keine Signale in den Weltraum senden, die von menschenähnlichen Wesen als Signale erkannt werden könnten. Es stellt sich dann die Frage, ob nicht auch die KI ein eigenes Programm zur Suche nach fremden Intelligenz im Weltraum starten würde und warum sich dieses so sehr von menschgemachten Programmen unterscheiden soll. Den Moment, in dem der Mensch die Kontrolle über seine technologische Umgebung verliert bezeichnet man als technologische Singularität ↗

Szenario II: Planetarisierung


Eine Nachfolgeintelligenz wird die gesamte Erdkruste, die gesamte Erde oder sogar die Sonne als informationstechnologischen Rohstoff nutzbar machen. Thermodynamische, geologische oder sonstige physikalische Prozesse könnten dann als materielle Basis von Intelligenz jegliche Materie im Sonnensystem erfassen[2]. Falls es eine Kopplung zwischen dem Maß von Intelligenz und der dafür dienstbar gemachten materiellen Prozesse geben sollte, wären die Denkinhalte, Ideen und vielleicht auch Gefühlszustände solcher planetaren Intelligenzen für uns bis zur völligen Unverständlichkeit überlegen. Sollten Intelligenz im Weltraum dieses Stadium kurz nach einem uns vergleichbaren Entwicklungsstadium erreichen, würde dies im Endeffekt genau der Idee von Jethros Window entsprechen. Siehe auch Planetarisierung ↗

Szenario III: Soziointegrative Degeneration


Ein Szenario, in dem der Mensch nicht gänzlich verschwindet, aber doch in die Bedeutungslosigkeit für die weitere Evolution von Leben auf der Erde absinkt, bezeichnete der polnische Schriftsteller Stanislaw Lem als soziointegrative Degeneration. Dabei gelingt es den Menschen gerade dadurch, in entstehende Überintelligenzen einzufügen, indem er eigene Autonomie und eigene Intelligenz preisgibt und sich zu einem rein funktionalen Baustein höherer Strukturen oder Wesen macht. Das Sinnbild könnte der Fahrer eines Lieferfahrrades sein, der gänzlich durch Computer ferngesteuert wird und dessen Konkurrenzvorteil gegenüber Maschinen nur darin besteht, dass sein biologischer Körper als ausführendes Organ konkurrenzlos billig ist. Eine solche Menschheit wird kaum mehr Versuche unternehmen, mit fremden Intelligenzen im Weltraum Kontakt aufzunehmen. Lies mehr dazu unter soziointegrative Degeneration ↗

Szenario IV: Spirituelle Entrückung


Ob in humanoider Menschenform oder als a-menschliche Künstliche Intelligenz: denkbar ist, dass die zukünftig auf der Erde herrschende Intelligenzform ein Stadium spiritueller Selbstzufriedenheit erreicht, in der sie gar Bedürfnis verspürt, mit Intelligenz im Weltraum Kontakt aufzunehmen. Der Pole Stanislaw karikierte eines solchen Zustand in Wesen, den MASTEN, die den höchstmöglichen Erkenntnisgrad erreicht haben. Sie kullern und kugeln auf ihrem Planeten umher, ohne in ihrer Entrücktheit für irgendjemanden überhaupt noch vernünftig ansprechbar zu sein. Eine solche spirituelle Entrücktheit erinnert an das buddhistische Lebensziel des Nirwana ↗

Szenario V: Kommunikative Killer-Technologien


Eine weitere Möglichkeit, warum kosmische Zivilisation nur kurze Zeit Radiosignale für eine Kommunikation im Weltraum aussenden könnten ist die Verdrängung dieser Kommunikationsform durch weit überlegene andere Technologien. Die Nutzung von Wurmlöchern oder Quantentechnologien mit Überlichtgeschwindigkeit ist aus heutiger Sicht physikalisch sehr fragwürdig. Ohne prinzipielle physikalische Schranken denkbar wäre aber, dass planetare Intelligenzen oder Zivilisationen Lichtsignale zusammengesetzt aus der gesamten Oberflächenstrahlung ihrer Himmelskörper (Sonnen, Planeten, Gasnebel) aussenden. Damit stünde eine recht große Bandbreite zur Verfügung: jede Helligkeits- oder Farbänderung, die von fernen Beobachtern optisch aufgelöst werden könnte, stünde sinngemäß als Bit oder Byte zur Kommunikation zur Verfügung. Manche Tiere, wie etwa Chamäleons und Tintenfische sollen so ähnlich kommunizieren. Für die heutige Suche nach außerirdischen Signalen von Intelligenz könnte das heißen, dass man vielleicht Muster in optischen Phänomen von Himmelskörpern als gewollte Signale deuten müsste. Mehr zur tatsächlichen Suche nach außerirdischen Intelligenzen steht im Artikel SETI ↗

Szenario V: Selbstauslöschung


Die Selbstauslöschung ist ein häufig genanntes Szenario einer zukünftigen Entwicklung der Menschheit. Dass sich Zivilisationen im Kosmos mit hoher Wahrscheinlichkeit ab Erreichen atomarer, chemischer oder biologischer Kriegstechniker gilt als eine Möglichkeit zur Erklärung des Fermi-Paradoxons: bevor intelligente Zivilisationen einen ausreichend hohen Entwicklungsstand für interstellare Kommunikation oder Raumfahrt erreichen, haben sie sich selbst ausgelöscht. Man spricht hier auch vom Großen Filter. Lies mehr zum Hintergrund dazu im Artikel zum Fermi-Paradoxon ↗

Fußnoten