Moostierchen auf Wangerooge
Moostierchen-Invasion
Basiswissen
Im August 2021 kam es auf der deutschen Nordseeinsel Wangerooge zu einer auffälligen Häufung von hellbeigen Moostierchen im Spülsaum an der Nordseite der Insel. Fachpersonen bestimmten sie als Zottige Seerinde (Electra pilosa). Jeder Büschel ist eine Kolonie aus einer großen Anzahl von Einzeltieren. Die Einzeltiere heißen Zooide. Hier steht mehr zu dem Phänomen der Massenanspülung.
Invasionsartige Anspülung
Die niederländische Wissenschaftsjournalistin Cora de Leeuw schrieb im Juli 2021[1] ausführlich über große Mengen angespülter beiger Moostierchen von der belgischen Küste über die niederländische Festlandsküste bis hin zu den Westfriesischen Inseln. Bereits im Herbst 2020 seien ungewöhnlich große Moostierchenmengen im Spülsaum beobachtet worden, etwa auf Texel. Im Winter und Frühjahr kamen dann auch Berichte von anderen Inseln. Die toten Organismen bildeten mannshohe und kilometerlange Ansammlungen von Zehnermetern Breite. Durch Verwesung entstand ein für den Tourismus schädlicher Gestank. Die toten Tiere wurden aufwändig mit Radladern vom Strand entfernt.
Um welche Art handelt es sich?
In einem niederländischen Zeitungsartikel[1] wird die betreffende Moostierchenart als Zottige Seerinde (Electra pilosa) angegeben. Einem deutschen Bestimmungsbuch[4] zufolge wächst die Zottige Seerinde flach oder aufrecht. Die Kolonien sollen bis zu 10 cm hoch werden. Die zottige Seerinde lebt von der Gezeitenzone abwärts und siedelt unter anderem auf Felsen, Algen, Krebsen und Mollusken. Als Verbreitungsgebiet wird ausdrücklich die Nordsee genannt.
Was ist der Grund für das Massenphänomen?
Als mögliche Gründe für das Massenphänomen in Belgien und den Niederlanden werden ein extrem warmer Sommer 2020 mit hohen Wassertemperaturen sowie starke Winde im darauffolgenden Winter angegeben[1]. Durch den warmen Sommer konnten diese Tiere in besonders großen Mengen wachsen, starke Wind- und Wasserbewegungen im Winter haben sie dann von den festen Unterlagen losgerissen. In einem anderen Artikel[2] wird als zugrundeliegende Ursache die Klimaveränderung angegeben.
Wie zuverlässig ist die Bestimmung?
Die Wissenschaftsjournalistin Cora de Leeuw[1] ist verbunden mit der Waddenacademie im Friesischen Leeuwarden. Die Waddenacademie wird durch einen wissenschaftlichen Beirat beraten. Man kann davon ausgehen, dass Artenangaben entsprechend zuverlässig sind. Auf verschiedenen Photos sehen die in den Niederlanden angespülten Moostierchen zumindest makroskopisch gleich denen von Wangerooge aus. Die Bestimmung wurde auch von dem Diplom-Biologen Rainer Borcherding von der Schutzstation Wattenmeer in Husum[6] bestätigt sowie einem Vertreter des Mellumrates[7]. Er betreibt die Internetseite: www.beachexplorer.de
Fußnoten
- [1] Cora de Leeuw: WadWeten | Een tapijt van harige mosdiertjes. In: Leeuwarder Courant. 15 juli 2021, 19:27. Niederländische Zeitung, online
- [2] NOS Nieuws. Woensdag 21. juli, 17:07: Hoe bijzonder is die dikke laag aangespoelde mosdiertjes op Ameland? Niederländischer Artikel des nationalen Nachrichtendienstes im Internet.
- [3] 2021 Waddenacademie, Ruiterskwartier 121a, 8911 BS, Leeuwarden
- [4] Klaus Jahnke; Bruno P. Kremer: Düne Strand und Watt. Franckh-Kosmos Verlags-GmhH & Co. KG Stuttgart 2018. ISBN: 978-3-440-15406-9.
- [5] Dagmar Lackschewitz, Karsten Reise, Christian Buschbaum, Rolf Karez: Neobiota in deutschen Küstengewässern. Eingeschleppte und kryptogene Tier- und Pflanzenarten an der deutschen Nord- und Ostseeküste. Herausgeber: Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein. 2014. ISBN: ISBN: 978-3-937937-73-1 [u. an. Liste neophyter Moostierchen in der Nordsee]
- [6] Dipl.-Biol. Rainer Borcherding. SCHUTZSTATION WATTENMEER. Hafenstr. 3. D-25813 Husum. Mail vom 25. August 2021.
- [7] Mathias Heckroth. Der Mellumrat e.V. - Naturschutz- und Forschungsgemeinschaft. Zum Jadebusen 179, 26316 Varel. Mail vom 1. September 2021.